Tomos agapis - Phanar - 7. Dez. 1965


Pro Oriente [Wien], (Hrsg.), Tomos agapis [deutsch], Dokumentation zum Dialog d. Liebe zwischen d. Hl. Stuhl u.d. Ökumenischen Patriarchat. 1958-76. Deutsche Übers. d. Dokumentationsbd über d. Austausch von Besuchen, Dokumenten u. Botschaften zwischen d. Vatikan u.d. Phanar ..., sowie über e. Ökumenische Akad., welche ... am 24. u. 25. Jänner 1976 in Graz stattfand, Verlagsanstalt Tyrolia, 1978, S. 89-90 (ISBN 3-7022-1298-1).


7. Dezember 1965
Patriarchalischer Tomos, wodurch Patriarch Athenagoras und der Synod des Patriarchats die Anathemata des Jahres 1054 aus dem Gedächtnis und aus der Mitte der Kirche beseitigen. Dieser Tomos wurde vom ökumenischen Patriarchen Athenagoras in der Patriarchal-Kirche in Phanar gelesen (Original: griechisch).



Athenagoras
durch die Barmherzigkeit Gottes Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom, und ökumenischer Patriarch.
Im Namen der heiligen und wesensgleichen und lebensspendenden und ungeteilten Dreifaltigkeit.
„Gott ist die Liebe" (1 Joh 4, 9), und die Liebe ist das gottgeschenkte Merkmal der Jünger Christi und die verbindende Kraft seiner Kirche, das Prinzip des Friedens, der Eintracht und der Ordnung, die in ihr vorhanden sind, als eine immerwährende Offenbarung des Heiligen Geistes.
Um dieses „Band der Vollkommenheit" (Kol 3, 14) müssen also die von Gott Anvertrauten für die Verwaltung seiner Kirchen sorgen, von diesem immer Gebrauch machen, in größter Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Wachsamkeit.
Und wenn es einmal geschieht, daß die Liebe abgekühlt und die Einheit im Herrn zerrissen wird, dann ist es notwendig, sich in aller Eile des Übels anzunehmen und nach seiner Heilung zu suchen.
Weil nun, nach Ratschlüssen, die der Herr kennt, im Jahre 1054 die Kirche furchtbar heimgesucht werden sollte, die allgemeinen gegenseitigen Beziehungen der Kirchen von Rom und Konstantinopel in Gefahr gebracht wurden und die Liebe, die sie verband, in diesem Ausmaß verletzt wurde, daß inmitten der Kirche Gottes das Anathem Platz ergriff, die Legaten von Rom, der Kardinal Humbertus und seine Begleiter, den Patriarchen Michael Kerularios und seine beiden Mitarbeiter anathematisiert haben, und Michael Kerularios und seine Synode das Schreiben der Legaten von Rom, die Verfasser und deren Mitarbeiter ebenfalls anathematisiert haben, bestand für die Kirchen von Rom und Konstantinopel die Pflicht, die Güte und die Menschenfreundlichkeit Gottes nachahmend, wegen dieser Angelegenheit zusammenzutreffen und den Frieden wiederherzustellen.
Da nun in den letzten Zeiten das Wohlwollen Gottes uns gegenüber offenbar wurde und uns den Weg der Versöhnung und des Friedens zeigte, auch durch die gesegnete und fruchtbare gegenseitige Sorge des Alten und unseres Neuen Rom um die Pflege der gegenseitigen brüderlichen Beziehungen, hielten sie es für richtig, weiter zu gehen und das Vergangene wiederherzustellen, und, soweit es ihnen möglich wäre, die zusätzlichen Hindernisse zu beseitigen, die beseitigt werden könnten, zur Förderung, zum Wachstum, zur Erbauung und zur Vollendung der Liebe.
So haben wir nun, unsere Wenigkeit gemeinsam mit Ihren Eminenzen, den ehrwürdigen Metropoliten, unseren geliebten Brüdern in Christus und Mitbischöfen, es als eine dem Herrn willkommene Zeit erachtet, in einer Synode zusammenzukommen und zu beraten, nachdem wir auch von einem ähnlichen Vorhaben und Gedanken des Alten Rom erfahren haben, und wir haben beschlossen, das vom Patriarchen Michael Kerularios von Konstantinopel und seiner Synode ergangene oben erwähnte Anathem aus dem Gedächtnis und aus der Mitte der Kirche zu beseitigen.
Deshalb erklären wir schriftlich, daß dieses im Jahre des Heils 1054, im Monat Juli, der 7. Indiktion, in der Großkanzlei unserer großen Kirche verhängte Anathem ab jetzt aus dem Gedächtnis und aus der Mitte der Kirche als beseitigt gilt und von allen als solches betrachtet wird, durch die Barmherzigkeit des allerbarmenden Gottes, der, durch die Fürbitte unserer von allen selig gepriesenen Herrin, der Gottesgebärerin und immerwährenden Jungfrau Maria, der heiligen und glorreichen Apostel Petrus, des ersten Anführers, und Andreas, des Erstberufenen, und aller Heiligen der Kirche den Frieden schenken möge, indem er sie in alle Ewigkeit behütet.
Zur Beglaubigung dessen und zum immerwährenden Beweis und zum ewigen Zeugnis wurde die vorliegende Patriarchal- und Synodalurkunde geschrieben und unterschrieben in diesem heiligen Register unserer heiligen Kirche, eine gleichlautende Abschrift wurde aber der heiligen Kirche des Alten Rom geschickt zur Kenntnisnahme und zur Aufbewahrung in ihren Archiven.
Im Jahre des Heils 1965, im Monat Dezember (7.) der 4. Indiktion.
_

Der Patriarch von Konstantinopel Athenagoras erklärt.

Thomas von Chalkedon

Chrysostomos von Neo-Kaisareia

Hieronymos von Rhodopolis

Symeon von Irinoupolis

Dorotheos von den Prinzeninseln

Maximos von Laodikeia

Chrysostomos von Myra

Kyrillos von Chaldia

Meliton von Helioupolis und Theira

Aimilianos von Milet


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